Impuls vom 06.09.2012
Offene Kirche
Ich will eine offene Kirche, eine Kirche, deren Tore für die Jugend offen sind, eine Kirche, deren Blick in die Weite gerichtet ist. Attraktiv wird die Kirche nicht durch Anpassung und lauwarme Angebote. Ich vertraue dem radikalen Wort Jesu, das wir in unsere Welt hinein übersetzen müssen: als Lebenshilfe, als frohe Botschaft, die Jesus bringen will. Übersetzen heißt nicht verharmlosen. Durch unser Leben mit Mut zum Zuhören und zum Bekenntnis soll das Wort Jesu sein Profil heute zeigen. Jesus will die Mühseligen und Beladenen entlasten, den Reichen ihre Möglichkeiten aufzeigen und den Ungerechten entgegentreten.
Mich beeindruckt, dass Jesus fragt: Wird der Menschensohn, wenn er wiederkommt, Glauben finden? Er fragt nicht: Werde ich eine große und gut organisierte Kirche antreffen? Er weiß auch eine karge und kleine Kirche zu schätzen, die einen starken Glauben hat und danach handelt. Wir dürfen uns nicht abhängig von Zahlen und Erfolgen machen. Dann sind wir viel freier, dem Ruf Jesu zu folgen.
(Kardinal Carlo Maria Martini, gestorben am 31.08.2012
aus: Kardinal Carlo M. Martini / Georg Sporschill, Jerusalemer Nachtgespräche. Über das Risiko des Glaubens, Herder-Verlag 2008)