Impuls vom 16.11.2008

Ewige Ruhe? Ewiges Leben!

Es ist "ein heiliger und frommer Gedanke, für die Toten zu beten", heißt es im frühjüdischen zweiten Buch der Makkabäer (Kap. 12).
Das Gebet für die Verstorbenen hat durch die Jahrhunderte Trauernde getröstet und aufgerichtet, auch im Christentum. Eines dieser Gebete ist das Wechselgebet, das die Begräbnisliturgie als abschließendes Segensgebet vorsieht: "Herr, gib ihm (ihr) und allen Verstorbenen die ewige Ruhe. Und das ewige Licht leuchte ihnen. Lass sie ruhen in Frieden. Amen." Von der lateinischen Übersetzung dieses Bibelwortes "Requiem aeternam dona eis Domine" hat auch die Eucharistiefeier für Verstorbene ihren Namen erhalten, das "Requiem".

Was aber ist mit der ewigen Ruhe gemeint, die wir für die Toten erbitten? Ist das überhaupt ein glücklicher Begriff?
Der Bibelwissenschaftler Gerhard Lohfink schreibt: "Die Begegnung mit Gott ist keine ewige Ruhe, sondern ungeheures und atemberaubendes Leben, ein Sturm von Glück, der uns hinwegreißt, aber nicht irgendwohin, sondern immer tiefer in die Liebe und in die Seligkeit Gottes hinein." Damit macht er auf etwas Wesentliches aufmerksam: Ruhe im Herrn bedeutet nicht Friedhofsruhe, sondern jener göttliche Friede, den die Welt nicht geben kann, den zu geben aber Gottes Sohn in die Welt gekommen ist. Friede als Fülle des Lebens, biblisch gesprochen: Schalom. Dieses Wort meint die Ruhe des Gottesfriedens, oder, wie der mittelalterliche Mystiker Meister Eckhart es deutete: "ewiges Jetzt".

(Franz-Rudolf Weinert in "Christ in der Gegenwart" 46/2008)